Geschrieben von Catherine Librandi, Senior Consultant Talent Management at AIMS International Switzerland

 

Es ist höchste Zeit, sich intensiv mit emotionaler Intelligenz (EI) zu befassen. Es wäre ein schwerer Fehler, EI als im Vergleich zu anderen Prioritäten zweitrangig zu behandeln, da diese eine Reihe von Kompetenzen beinhaltet, die für Führungskräfte, die Teams sowohl vor Ort als auch aus der Ferne steuern müssen, unerlässlich sind. Dieser Artikel ist ein Versuch, EI ihren rechtmässigen Platz zurückzugeben.

Lange Zeit ignoriert oder, wie Descartes behauptete, von der Vernunft getrennt und nicht zusammenarbeitend, kommen nun die Emotionen wieder zur Geltung. Angesichts der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI), welche auch durch die aktuelle Pandemie beschleunigt wird, ist es höchste Zeit, unseren Gefühlen einen wichtigen Platz einzuräumen, denn sie sind, was aus uns Menschen macht, im Guten und im Schlechten, z.B. wenn wir nicht wissen, wie wir mit ihnen umgehen können. Aber die gute Nachricht ist, dass wir unsere EI weiterentwickeln können.

Wir können auch den etymologischen Ursprung des Wortes «Emotion» betrachten. Das Wort kommt vom lateinischen emovere, wovon e– (Variante von ex-) „aus“ und movere „Bewegung“ bedeutet. Emotionen haben somit einen Zusammenhang mit Bewegung (mit dem, was uns in diese oder jene Richtung treibt). Eine wichtige Funktion der Emotionen ist, dass sie, wenn sie aufkommen, darauf hindeuten, dass eines unsere Grundbedürfnisse nicht mehr erfüllt wird. Oft denken wir, dass sie eine Reaktion auf ein von aussen kommendes Ereignis sind aber vielmals finden sie ihren Ursprung in unserem Inneren, in unserer persönlichen Sichtweise der Ereignisse und unserer Interpretation der Welt um uns herum. D.h., sehr oft sind es unsere eigenen Gedanken, Überzeugungen, kognitive Voreingenommenheit oder mentale Grübeleien, die Emotionen auslösen, ohne dass ein konkretes Ereignis ausserhalb von uns stattgefunden hätte. Und das ist sehr wichtig, denn aus dieser Erkenntnis heraus können wir anfangen, mit unseren Emotionen besser umzugehen und die Art und Weise, wie wir die Dinge sehen, zu verändern.

Während meines Psychologiestudiums handelte eines der Module, dem ich die grösste Aufmerksamkeit schenkte, von der Beziehung zwischen Emotionen und unseren kognitiven Fähigkeiten, wie Gedächtnis, Entscheidungsfindung, unseren analytischen Fähigkeiten, unserer Konzentrationsfähigkeit, konsequenter Fokussierung oder Lernen. Aber Emotionen haben nicht nur Einfluss auf die so genannten „kognitiven“ Fähigkeiten, sondern auch auf die Art und Weise, wie wir mit unserem Umfeld und uns selbst interagieren, und im beruflichen Bereich könnte dies die Art und Weise sein, in der wir einen Konflikt lösen, mit Stress oder Hindernissen umgehen, ein Team leiten und inspirieren, mit anderen Abteilungen oder externen Partnern zusammenarbeiten, überzeugend kommunizieren oder ein Produkt/eine Dienstleistung an Dritte verkaufen; oder sogar, wie wir unsere Beziehungen aufbauen und pflegen. Kurz gesagt, Emotionen wirken sich nicht nur direkt auf unser Gehirn, sondern auch auf unseren Körper aus, da sie sehr spezifische physiologische und Verhaltensreaktionen auslösen. 

Aber warum sind sie so wichtig? Daniel Goleman war einer der den Begriff Intelligenz mit Emotionen verband. 1995 veröffentlichte er sein erstes Buch, das 1998 an den beruflichen Kontext angepasst wurde. Er erarbeitete ein Modell um 25 Kompetenzen, die in 5 Hauptblöcke gruppiert sind:

1. Selbstbewusstsein und die Fähigkeit, die eigenen Emotionen zu verstehen
2. Selbstregulierung oder Selbstkontrolle
3. Interne Motivation
4. Einfühlungsvermögen/Empathie
5. Soziale Fähigkeiten

Im gegenwärtigen beruflichen Kontext, der durch eine starke Beschleunigung der Technologie und die Notwendigkeit, sich sehr schnell an alle Arten von Veränderungen anzupassen, gekennzeichnet ist, werden Führungskräfte, die die Bedeutung der emotionalen Intelligenz verstanden haben, besser in der Lage sein, Teams sowohl vor Ort als auch aus der Ferne zu leiten. Und alles beginnt damit, dass man sich der eigenen Emotionen und ihrer Auswirkungen auf sich selbst und andere bewusst ist. Alle anderen EI-Fähigkeiten sind das Ergebnis dieses anfänglichen Bewusstseins.

Technische und kognitive Fähigkeiten bleiben wichtig, werden aber nach und nach auf die KI übertragen. Soft Skills, insbesondere mit EI verbundene, können von Maschinen nicht so einfach erlernt werden. Ohne die Rolle technischer Fähigkeiten minimieren zu wollen, glauben wir, dass es auch wichtig ist zu verstehen, wie Führungskräfte mit Veränderungen, Konflikten und komplizierten Situationen umgehen, ihre Teammitglieder inspirieren, mit ihnen kommunizieren, deren Stärken erkennen und sie weiterentwickeln können, indem sie gleichzeitig ihr persönliches Wohlbefinden und das der Mitarbeitenden sicherstellen.

Bei AIMS Switzerland legen wir grossen Wert auf die emotionale Intelligenz. Wenn wir für einen unserer Kunden einen Kandidaten suchen, konzentrieren wir uns auf die Person als Ganzes. Mit Hilfe von Referenzprüfungen und dank unseren Interviewtechniken, die auf verhaltensbezogenen Fragen im Zusammenhang mit der Berufserfahrung aufbauen, sowie unserer hauseigenen Assessment-Methodologie, versuchen wir zu verstehen, wie ein Mensch auf Stress-, Konflikt- oder Risikosituationen usw. reagiert. Die Dimension der EI ist also immer präsent. Durch Schulungen und individuelle Coachings entwickeln wir sie auch bei Führungsteams weiter oder machen sie zu einem konkreten Bestandteil jedes HR-Prozesses wie Rekrutierung, Leistungsmanagement oder Nachfolgeplanung.

In unseren Folgebriefen an unsere Gefühle werden wir uns mit den einzelnen Blöcken des Goleman-Modells befassen und das faszinierende Thema unserer emotionalen Intelligenz weiter erkunden.

AIMS Schweiz

This page is available also in

EnglishFrenchGerman